Startchancenprogramm: Gelder im Saarland zum Teil fehlinvestiert – Miteinander Leben Lernen e.V. zum Start des neuen Schuljahres

Zum neuen Schuljahr wünscht der Verein Miteinander Leben Lernen -MLL- allen Schüler*innen und allen Lehrer*innen viel Kraft und Freude am Lernen.

In diesem Schuljahr läuft das Startchancenprogramm an, das 10 Jahre lang mit Finanzmitteln des Bundes und der Länder Schulen darin unterstützt, die ungleichen Startchancen von Kindern auszugleichen: Kein Wunder, dass alle Bundesländer den größten Teil der Finanzen den Grundschulen – als Schule für alle Kinder – zuweisen. Elf der Bundesländer weisen die Gelder Grund- und weiterführenden Schulen zu, nur fünf der 16 Bundesländer bedenken auch Förderschulen, darunter das Saarland. 

Auch im Saarland sollen sechs Förderschulen Lernen gefördert werden, also die Schulen, deren Schüler*innen wegen schwacher Schulleistungen nicht mehr die allgemeine Schule besuchen. Das ist oberflächliche Symptombekämpfung und keine ordentliche Investition in Strukturverbesserungen dort, wo die ersten Probleme entstehen: an den Grundschulen.  MLL forderte schon im Frühjahr die saarländische Landesregierung auf, die Gelder in allgemeinbildende Schulen und nicht in Förderschulen zu investieren.

Auch Stimmen aus der Bildungsforschung bewerten die Zuweisung der Mittel an Förderschulen als rechtlich und bildungswissenschaftlich problematisch: „Es macht keinen Sinn, die Segregation weiter zu finanzieren, statt die Inklusion zu fördern“, so Michael Wrase vom Wissenschaftszentrum Berlin in einem Interview.

Auch MLL kritisiert, dass die Präsidentin der Kultusminister-Konferenz, die saarländische Kultusministerin Streichert-Clivot, offenbar nicht gewillt war, das Startchancenprogramm mit den Anforderungen der UN-BRK in Einklang zu bringen. Würde das berücksichtigt, dann wären nämlich die Gelder – zusammen mit strukturellen Maßnahmen – dafür genutzt worden, vor allem die Grundschulen mit mehr Ressourcen auszustatten und sie damit zu befähigen, den unterschiedlichen Leistungen von Kindern in den ersten Schuljahren pädagogisch zu entsprechen. 

Strukturelle Maßnahmen könnten darüber hinaus den Chancenausgleich fördern: So zeigen die Hamburger Grundschulen beispielsweise seit einigen Jahren, dass konkrete Maßnahmen wie guter Personalschlüssel, kostenlose Lernförderung am Nachmittag, kostenlose Sprachförderung für alle Kinder mit Bedarf, kostenloses Ganztagsangebot und projektorientierte Unterrichtsformen die Haltekräfte der Grundschulen stärken können und somit wenig Aussonderung zu Förderschulen nötig ist. 

Inklusive Bildung ist eben kein ideologisches Hirngespinst, sondern schlichtweg das Ergebnis besserer Schul- und Bildungspolitik, so Miteinander Leben Lernen e.V., der sich seit 40 Jahren im Saarland für inklusive „Schulen für alle“ einsetzt.

Miteinander Leben Lernen e.V.
Eschberger Weg 40
66121 Saarbrücken
Kontakt: info@mll-saar.de

Für Rückfragen steht Ihnen Traudel Hell aus dem Vorstand des MLL e.V. zur Verfügung.
25.08.24

Pressemeldung – Lebendige Diskussionen zur Auftaktveranstaltung im Jubiläumsjahr

24.03.2024

Am Dienstagabend eröffnete Miteinander Leben Lernen (MLL) sein Jubiläumsjahr mit einem Vortrag zum Zusammenhang von Demokratie und Inklusion. Die Hausherrin der VHS Saarbrücken, Dr. Carolin Lehberger, begrüßte die Gäste und wies auf die Bedeutung der VHS als offenen Bildungsort für Menschen aller Schichten, Interessen und Talente hin.

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Inklusions-Pegel – Über Maulhelden, heftige Debatten und gute Schulen

Newsletter von mittendrin e.V. vom 05.08.2021

Heute erhalten Sie eine neue Ausgabe unseres Newsletters INKLUSIONS-PEGEL, dem Folgeprojekt unserer Kampagne zum Film DIE KINDER DER UTOPIE. Hier berichten wir jeden Monat, was in Deutschland rund um die Umsetzung von Artikel 24 — inklusive Bildung — der UN-Behindertenrechtskonvention passiert. Dabei versuchen wir einerseits, die Bundesländer und Kommunen als Akteure der Schulpolitik im Blick zu behalten, und andererseits, die Nachrichten nach bundesweiter Relevanz zu filtern.
Ihr mittendrin e.V.

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Menschen mit Behinderung in Arbeit bringen

Artikel 27, UN-Behindertenrecht Konvention jetzt umsetzen!

Miteinander Leben Lernen (MLL) begrüßt die Initiative des Landes in Kooperation mit der Regionaldirektion Rheinland-Pfalz Saar, der Bundesagentur für Arbeit und des Landkreistages für ein Sonderförderprogramm für Menschen mit Behinderungen.

3 Jahre lang sollen mindestens 40 sozialversicherungspflichtige und nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden.

Seit 2007 läuft bei MLL ein Programm „Berufsvorbereitung Inklusive“ das Jugendliche bei einer individuellen Berufsvorbereitung unterstützt, denn Menschen mit Behinderungen haben das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und dazu gehört u. a. die freie Wahl der Arbeit. Im Rahmen des Programms sucht MLL Praktikumsplätze in Betrieben die zu den Stärken und Berufswünschen der Jugendlichen passen. Die Berufsvorbereitung beginnt mit dem Erlernen des richtigen Verhaltens im Bewerbungsgespräch und später im Praktikumsunternehmen.

Auch praktische Kenntnisse, wie die Orientierung im Öffentlichen Nahverkehr werden zu Beginn trainiert.

Bei den Praktika werden die Jugendlichen von pädagogischen Fachkräften von MLL begleitet. Wenn der passende Arbeitsplatz gefunden wurde, werden sie bei der Einarbeitung und Qualifizierung für den Beruf unterstützt. Hier arbeitet MLL eng mit den Unternehmen zusammen.

Finanziert wird diese Maßnahme  über  die Arbeitsagenturen. Etwa zwei Drittel der Teilnehmer*innen wurden anschließend vermittelt.

Hinter dieser Zahl stehen persönliche Erfolge, die Lebensläufe nachhaltig positiv prägen. Ein Beispiel für das erfolgreiche MLL-Projekt:

Herr H. ist gehörlos und kam ohne Schulabschluss von einer Förderschule zu uns. Der junge Mann interessierte sich sehr für körperliche Arbeiten und durchlief Praktika in den Bereichen Lagerlogistik und Garten/ Landschaftsbau.
Er absolvierte ein Langzeitpraktikum bei einer Gartenbaufirma in der er mit seinen Fähigkeiten so sehr überzeugte, dass ihm gegen Ende der Maßnahme ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis angeboten wurde.
Mittlerweile ist Herr H. im Team fest verankert und für seine Kolleg*innen nicht mehr wegzudenken.

Auf Grund solcher Erfahrungen setzen wir darauf, dass dieses Programm bei den Unternehmen großen Anklang findet und damit das Recht der Menschen auf Arbeit umgesetzt wird.

Gerne unterstützen wir auch interessierte Betriebe, Unternehmen, Eltern und Schüler*innen bei Fragen zur Berufsvorbereitung Inklusive. (Telefon: 0681/68797-0 – E-Mail: info@mll-saar.de)

MLL begrüßt Übergangsregelung zum Wahlrecht für betreute Menschen mit Behinderung im Saarland

Mit der Entscheidung des saarländischen Landtages, das Kommunalwahlgesetz zu ändern, sind nun auch im Saarland die Weichen gestellt, dass Menschen mit gesetzlicher Betreuung an der Kommunal- und Europawahl am 26. Mai teilnehmen können.

Der Verein Miteinander Leben Lernen begrüßt dies als wichtigen ersten Schritt zur selbstbestimmten politischen Teilhabe für Menschen mit Behinderung, die längst überfällig sei: „Es war höchste Zeit, dass diese grundgesetzwidrige Situation durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aufgehoben wurde“ meint Traudel Hell von Miteinander Leben Lernen.

Bisher waren über 80.000 Bundesbürger von diesem wesentlichen Bürgerrecht ausgeschlossen, im Saarland betrifft es insgesamt 850 Menschen. Die Gruppe der Menschen mit gesetzlicher Betreuung wurden in ihrem Recht zur politischen Willensbildung in der Vergangenheit nicht ernst genommen, so MLL. Bereits mit der Unterzeichnung der der UN-Behindertenrechtskonvention vor 10 Jahren hat sich die Bundesrepublik Deutschland zur Umsetzung eines inklusiven Wahlrechtes verpflichtet, dort ist in Artikel 29 das Recht auf passives und aktives Wahlrecht gefordert.

„Es ist bedauerlich, dass das Bundesverfassungsgericht darüber entscheiden musste und nicht die Regierungsparteien selbst sich dafür stark gemacht haben, zumal die Umsetzung des inklusiven Wahlrechts im Koalitionsvertrag als Auftrag für diese Legislaturperiode auf der Agenda stand“ so Traudel Hell.

MLL kritisiert auch, dass ein echtes inklusives Wahlrecht mit der Entscheidung des Landtages noch nicht umgesetzt ist: nur wer bis zum 05. Mai bei der jeweiligen Wahlbehörde einen Antrag auf Eintrag in die Wählerliste stellt, darf auch wählen, also wieder einmal seien für Menschen mit Behinderungen weitere Barriere zu überwinden, eine Gleichbehandlung mit allen anderen Wahlberechtigten sei nicht gegeben.

In den meisten europäischen Ländern werde Demokratie in dieser Hinsicht ernst genommen, es gäbe dort keine Wahlrechtsausschlüsse. Das uneingeschränkte Wahlrecht sei ein Staatsbürgerrecht! MLL erwarte, dass nun auch zügig das Wahlrecht für alle auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werde.

Politische Teilhabe heiße auch mitbestimmen und mitgestalten. Dies könne ein Gewinn insbesondere auch auf kommunaler Ebene sein, wenn Menschen mit Behinderung aus der Gemeinde sich hier einbringen können, ihre Sicht der Dinge deutlich machen und ggf. auch – zukünftig wenn das passive Wahlrecht umgesetzt werden kann,- als Vertreter*innen für ihre Belange auf kommunale Ebene tätig werden oder sich auch für das Gemeinwohl in ihrer Gemeinde als politische Vertretung engagieren können.

Nun gelte es, im Vorfeld der Europa- und Kommunalwahl die Informationsbedürfnisse der Menschen mit Handicap zu berücksichtigen, das betrifft auch die Bereitstellung barrierefreier Materialien sowie entsprechender Hilfsmittel zur Sicherung für eine selbstbestimmte Wahlhandlung.

Als ersten Schritt rät MLL alle betroffenen Menschen, sich in die Wählerlisten ihrer Gemeinde eintragen zu lassen. Das ist noch bis zum 5. Mai auf Antrag möglich.

Miteinander Leben Lernen e. V., Eschberger Weg 40, 66121 Saarbrücken;
traudel.hell@ mll-saar.de

„Von einem inklusiven Arbeitsmarkt noch weit entfernt“ – Rund 200 Teilnehmer beim Fachtag „Arbeit für Alle?!“ von Miteinander Leben Lernen

Größer als erwartet war das Interesse am Fachtag „Arbeit für Alle?!“, der von Miteinander Leben Lernen (MLL) am Donnerstag, 28.3., veranstaltet wurde.

Fast 200 Teilnehmer*innen informierten sich in hochkarätig besetzten Impulsvorträgen und Workshops über Wege und Chancen für Menschen mit Behinderung zu einer Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.Mit der Unterzeichnung der UN – Behindertenrechtskonvention hat die Bundesregierung die Basis für die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderung auch im Bereich der Arbeit geschaffen. Trotzdem stehen Menschen mit Behinderung auch 10 Jahre nach in Krafttreten der UN-BRK noch viele Barrieren im Weg.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Frau Anke Rehlinger, übernahm im Rahmen der Veranstaltung die Schirmherrschaft über die neue“ Servicestelle für betriebliche Inklusion“ von MLL. In ihrer Rede sagte sie: „Für die Landesregierung ist Inklusion ein zentrales Anliegen. Wir haben zwar schon viele Schritte zu einem echten inklusiven Arbeitsmarkt zurückgelegt, aber am Ziel sind wir noch nicht angelangt. Wir wollen, dass noch mehr Menschen mit Beeinträchtigungen in Arbeit kommen. Dafür brauchen wir starke helfende Hände wie die von Miteinander Leben Lernen.“

Für den Veranstalter, Miteinander Leben Lernen, forderte Matthias Warken, Geschäftsführer, in seiner Begrüßung „Wir müssen weiter Barrieren abbauen, von einem inklusiven Arbeitsmarkt sind wir auch im Saarland noch weit entfernt“.

Gleich zu Beginn wies Professor Dr. Arthur Limbach-Reich von der Universität Luxemburg in seinem Impulsreferat darauf hin, dass das Recht auf unmittelbare Teilhabe an allen gesellschaftlichen Bereichen, dazu gehört auch das Arbeitsleben, staatlicher Fürsorge obliegt. Fast 220.000 Menschen im Saarland leben mit einer Behinderung von mindestens 20 Prozent (GdB). Für viele Betroffene gestaltet sich die Suche nach einer Beschäftigung außerhalb einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung schwierig. Oft fehlt es an wichtigen Informationen über gesetzliche Regelungen und Beratungsmöglichkeiten auf der Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz.

Viele Themen der Veranstaltung leiteten sich aus dem Bundesteilhabegesetz ab. Darüber hinaus wurden das Persönliche Budget, auf das es einen Rechtsanspruch gibt und das Budget für Arbeit in den Workshops diskutiert. Dr. Alena McCorkle und Prof. Dr. Marcus Funke von Latham & Watkins, einer Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt Wirtschaftsrecht, bescheinigen in ihrem Impulsreferat Deutschland eine äußerst schwache Position im Vergleich zu anderen EU-Staaten: „Ein Problem bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention sind Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Diese   Sonderarbeitswelten haben nach wie vor eine dominante Position in und sind für das zentrale Umsetzungsdefizit des Artikels 27 ‚Arbeit und Beschäftigung‘ in der UN-BRK verantwortlich. Das wird uns auch im UN-Staatenbericht bescheinigt.“

Dunja Fuhrmann, Gesamtbehindertenbeauftragte der Landeshauptstadt und Mitglied im Vorstand des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., BSK, diskutierte im Podium ihres Workshops mit Schwerbehindertenvertretern und Arbeitnehmern*innen. „Um die Beschäftigungsquote von Menschen mit Behinderung auf dem ersten Arbeitsmarkt zu erhöhen, muss eine qualifizierte Betreuung der zuständigen Fachdienste gewährleistet sein. Ebenso müssen künftige Arbeitgeber über die Anforderungen an die Gestaltung eines barrierefreien Arbeitsplatzes und den finanziellen Fördermöglichkeiten informiert sein“.

„Unser Ziel war es, ein breites Forum zu schaffen bei dem sich Menschen mit Unterstützungsbedarf, Angehörige sowie Ehrenamtliche treffen, austauschen und informieren und in Kontakt mit Fachkräften kommen können. Genau das hat funktioniert! Im Rahmen dieser Veranstaltung erhielten sie einen Überblick über den bundesweiten Stand in Sachen Bundesteilhabegesetz, andere Leistungsanbieter und Träger“, betonte Nora Barthel, Leiterin der Servicestelle für betriebliche Inklusion und Mit-Organisatorin des Fachtages.

Die Ergebnisse aus acht Workshops wurden im abschließenden Plenum, das von Norbert Klein, Chefredakteur beim SR, und im Vorstand bei MLL moderiert wurde, zusammengetragen. Dabei wurde das marktorientierte Wirtschaftssystem als einer der Hauptstörfaktoren auf dem Weg zu einem inklusiven Arbeitsmarkt genannt. Zwar gäbe es seit dem Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention positive Tendenzen.

Tatsächlich sind die Ergebnisse der Vermittlung von Menschen mit Behinderung aus den Werkstätten auf den ersten Arbeitsmarkt mit durchschnittlich 0,1 Prozent beschämend.

Matthias Warken, Geschäftsführer bei MLL, zieht Bilanz: „Der Fachtag war ein voller Erfolg. Wir hatten hochkarätige Referent*innen und enormen Zuspruch. Es haben sich tolle Gespräche ergeben. Es ist schon viel im Gange. Wir wollen, dass es echte Wahlmöglichkeiten gibt, die gesetzlichen Möglichkeiten sollen genutzt werden können. Ich bin mir sicher, dass wir hierbei mit dem Fachtag einen Schritt weitergekommen sind.“

SR3-Beitrag vom 28.03.:
https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=72138

Aktueller Bericht vom 28.03. (bei 2:50:00):
https://www.sr-mediathek.de/index.php?seite=7&id=72124